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Prof. Dr. Winfried Weber (Hochschule Mannheim) im CPR-Talk am Mittag

Aktualisiert: 11. Jan.



CPR-Impulse des Management-Vordenkers Peter Drucker


Winfried Weber lehrt Management an der Hochschule Mannheim und leitet das dortige Mannheimer Institut für angewandte Wirtschaftsforschung. Weber ist Autor zahlreicher Bücher und Artikel zu Theorie und Praxis des Managements mit Schwerpunkten auf dem Mittelstand sowie Ostasien. Zudem initiierte er die Peter Drucker Society of Mannheim, die sich für werteorientiertes Management einsetzt.


Was können wir heute von dem Management-Vordenker Peter Drucker über die gesellschaftspolitische Funktion von Unternehmen lernen?


Was Peter Drucker besonders interessant macht, ist sein ungewöhnlicher Weg hin zum Management: Nach einer Lehre als Bankkaufmann promovierte er im Völkerrecht und fand sich als Geflüchteter in den USA wieder. In seinem 1939 erschienenen Buch The End of Economic Man schrieb er über den Verfall der deutschen Bürgergesellschaft und das Scheitern des liberalen Wirtschaftsmodells während des Aufstiegs des Nationalsozialismus. Der Erfolg des Werks verhalf ihm zu einem Beratungsauftrag bei General Motors. Sein Einstieg in die Welt des Managements kam also eher auf Umwegen zustande—als bystander nahm Drucker zunächst die Rolle eines interessierten Zuschauers ein.

 

Bei der Auswertung seiner Zeit bei General Motors und in seinem Buch The Practice of Management bescheinigte Drucker den Unternehmen auch ein Mandat zur gesellschaftlichen Stabilisierung. Auch wenn es ihnen vordergründig um Profit gehe, sollten sie sich laut Drucker auch mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. 

 

In einer Aufsatzreihe im Economist argumentierte Drucker, der Management auch stets als Geisteswissenschaft auffasste, dass Unternehmen sich in einer postkapitalistischen Zukunft nicht nur an den Interessen ihrer Aktionäre ausrichten dürfen, sondern als „soziale Systeme“ das Wohl aller Stakeholder im Blick haben sollten. Tatsächlich teilen viele junge Menschen diese Meinung. Die Frage nach dem Sinn der eigenen Tätigkeit wurde früher oft vernachlässigt, heute wird sie immer wichtiger.

 

Welche Rolle kann politische Nachhaltigkeit für den Unternehmens-Purpose spielen?

 

Bei den von der Mannheimer Drucker-Society veranstalteten Purpose-Summits gibt es immer Runden, in denen über solche und ähnliche Themen diskutiert wird. Die Reaktionen fallen dort unterschiedlich aus. Im Privaten äußern viele Wirtschaftsführer Skepsis gegenüber gesellschaftspolitischem Engagement und richten sich nach dem Ausspruch Milton Freedmans „the business of business is business“.

 

Eine wichtige Frage ist in diesem Zusammenhang, wer eigentlich das Denken der Manager beeinflusst. Ich habe in einer empirischen Studie herausgearbeitet, dass es nicht nur Berater oder Wissenschaftler sind. Stattdessen gibt es eine andere maßgebliche Intelligenzbank des Managements.  Manager bilden untereinander ein stark vernetztes, sich gegenseitig beeinflussendes Milieu. Deswegen ist es wichtig, dass einzelne mit gutem Beispiel voran gehen. Besonders im Mittelstand findet man jedoch noch wenige öffentliche Aussagen politischer Natur—manchmal werden sie noch in letzter Minute oder im Nachhinein zurückgezogen. Während es auf Konzernebene Stäbe für politische Kommunikation gibt, herrschen bei den Mittelständlern große Unterschiede: von kompletter Abstinenz bis zu reger Teilhabe am öffentlichen Diskurs und großer Klarheit bei einzelnen Unternehmerinnen und Unternehmern.

 

Ich selbst sehe politische Nachhaltigkeit als einen Business Case. Aber auch hier gibt es Diversität: Ein Zementlieferant mit überwiegend lokalen Kunden wird derzeit wenig Interesse an der Implementierung eines Purpose haben. Auch wenn dieses Bild von Mittelständlern im Wandel begriffen ist, fliegen viele Firmen immer noch unter dem Radar der Öffentlichkeit. Einige Großkonzerne wiederum genießen kein hohes Ansehen mehr bei der nächsten Generation.

 

Welche Chancen bietet denn gesellschaftspolitisches Engagement für Mittelständler, die häufig fest in ihrer Heimatregion verwurzelt sind?

 

Aus meiner Arbeit mit dem Mittelstand würde ich die aktuelle Situation so einschätzen, dass viele der Verantwortlichen sich mit Verantwortungskonzepten, wie wir sie hier diskutieren, schwertun würden. Wenn man aber das Wording anpasst, fällt schnell auf, dass viele Mittelständler bereits auf lokaler Ebene politische Verantwortung übernehmen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Main-Kinzig-Kreis, wo es eine der weltweit höchsten Dichten (gemessen pro Kopf der Einwohnerzahl) an erfolgreichen Mittelständlern gibt. Die Region hat wie viele andere in Deutschland eine dezentrale, intakte Wirtschafts- und Sozialstruktur und ist von ausgeprägter Loyalität der Angestellten gegenüber ihren Betrieben gekennzeichnet.  Gesellschaftspolitisches Engagement findet hier auf der regionalen Ebene statt und hat eine hohe Bedeutung, auch für die Sicherung und Resilienz einer liberalen Gesellschaft.

 

Wie können deutsche Unternehmen, die auf dem chinesischen Markt aktiv sind, ihre Werte gegenüber der dortigen Diktatur verteidigen?

 

Da das klassische exportbasierte Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft vor dem Ende steht (hier produzieren und anderswo auf der Welt verkaufen), haben einige Mittelständler Produktionsstandorte in Asien aufgebaut. Allein in der Region Taicang haben sich hunderte deutsche Mittelständler niedergelassen. Sie profitierten dort von niedrigen Produktionskosten, stellen jedoch auch kostengünstigere Produkte für die Kunden vor Ort her. Diese Firmen verhalten sich insgesamt sehr vorsichtig, werfen die Flinte bei den gegenwärtigen geopolitischen Spannungen nicht gleich ins Korn und versuchen dennoch bei ihren Werten zu bleiben.

 

In Bezug auf China wird häufig behauptet, die Wandel-durch-Handel-Strategie sei gescheitert. Das sehe ich nicht ganz so. Viele chinesische Unternehmen sind immer noch vom Handel mit Deutschland abhängig. Der Brückenbau mit diesem Land hat selbstverständlich Grenzen, aber man sollte die Brücken nicht gänzlich abreißen. Peter Drucker sagte mal, Lernen gelingt am besten auf Augenhöhe. Für China-Geschäfte heißt das, man sollte versuchen, vor allem im Bereich der Zukunftstechnologien von den chinesischen Partnern zu lernen. Die deutsche Medienlandschaft ist bei diesem Thema jedoch hoch polarisiert, wie zuletzt im Fall des insolventen Münchener Robotik-Unternehmens Franka Emika, das von einem chinesischen Wettbewerber übernommen wurde. Hier sollte man, denke ich, nicht pauschalisieren: Übernahmen sind ein normaler Prozess des Wirtschaftens. Bei diesem Fall gab es bereits seit der Gründung des Unternehmen gute Gründe für einen Zusammenschluss. Die Gründer von Agile Robots, Zhaopeng Chen und Peter Meusel, entwickelten zuvor gemeinsam mit den Gründern von Franka Emika, Sami Haddadin, Simon Haddadin und Sven Parusel, Robotertechnologien am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Beide haben ähnliche Konzepte, hier: mit Leichtbaurobotern kleinere Montageaufgaben zu übernehmen.

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