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„Den Demokratiemuskel trainieren“: Das Corporate Political Responsibility Forum 2024 skizziert Wege für politisches Engagement der Wirtschaft 

Aktualisiert: 15. Juli



Am 5. Juli fand in der Europäischen Akademie Berlin das CPR Forum 2024 statt. Der Titel: „Mut zur Positionierung: Warum Demokratie Unternehmen braucht – und andersrum!“. Dieses Wechselverhältnis diskutierten rund 50 hochkarätige Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, wobei die Abgeschiedenheit des Ortes im Grunewald zur besonderen Intensität des Gesprächs beitrug.


Angesichts des „demokratischen Bedrohungsszenarios“, so Dr. Johannes Bohnen in seiner Einleitung zum Thema CPR, könnten sich Unternehmen nicht länger auf politische Stabilität als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg verlassen. Sie müssten ihren Investitionsbegriff auf den öffentlichen Raum, seine Institutionen und Kollektivgüter erweitern. Was aber folgt daraus für ihr Selbstverständnis und Handeln? 

Prof. Dr. Ludger Heidbrink von der Universität Kiel und Co-Ausrichter des Forums schrieb Unternehmen in seinem Impuls eine „Systemverantwortung“ zu. Im Sinne der Risikoprävention sollten sie Beiträge zur Daseinsvorsorge leisten (Gesundheit, Bildung, Sicherheit), Normsetzungsverfahren begleiten (UN-Regularien) und an öffentlicher Willensbildung teilnehmen (Demokratiekampagnen). Danach folgten drei Paneldiskussionen, um die theoretischen Überlegungen schrittweise in die Praxis zu überführen.


Das erste Panel setzte sich mit den Chancen und Grenzen politischer Unternehmensverantwortung auseinander. Hier wurde auf den Zusammenhang von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft verwiesen. Beide seien ergebnisoffene „Praktiken verantworteter Freiheit“. Doch liegt deswegen auch ein Business Case darin, wenn Unternehmen Systemverantwortung übernehmen? Demokratische Stabilität kann schließlich nur langfristig befördert werden und kommt auch Trittbrettfahren zugute. Das Argument ist jedoch verkürzt, weil durch Markenschärfung, leichtere Talentrekrutierung und verbesserte Stakeholderbeziehungen durchaus kurzfristige und zurechenbare Vorteile zu Buche stehen. Auch fehlende Legitimität scheint kein überzeugendes Argument für politische Abstinenz. Denn Wirtschaftstätigkeit sei immer schon Kultivierungsarbeit (der Natur, aber eben auch des öffentlichen Raumes) gewesen und insofern normativ geprägt. Der Angst vor ungezügelter Kritik, besonders in den Sozialen Medien, wurde schließlich mit dem Hinweis begegnet, dass sich politische Arbeit nicht unbedingt in öffentlichen Forderungskatalogen erweisen müsse, sondern auch still „hinter den Kulissen“ erfolgen könne. Insgesamt blieb es damit beim Plädoyer, dass Unternehmen ihre inhärente Rolle als „Agenturen der Mehrwertschöpfung“ nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch ausfüllen. 


Das zweite Panel beschäftigte sich mit der Formulierung von CPR-Strategien. Betont wurde die interne Dimension politischer Unternehmensverantwortung von Entscheidungswegen über Hierarchien bis hin zu Diversität. Nur wer innere Vielfalt zur Geltung bringe, könne äußere Vielfalt bearbeiten. Neben solch prozessualen Fragen spiele auch Semantik eine große Rolle. So könnten Unternehmen innerhalb der Belegschaft zur Schulung der Debattenkultur beitragen und – als häufig internationale Player – kulturell unterschiedlich belegte Begriffe wie liberal oder konservativ vorverhandeln. Nach dem „Ende der Gemütlichkeit“ sei es entscheidend, den Arbeitsplatz zu nutzen, um „den Demokratiemuskel zu trainieren“. Dazu könnten auch die im Branchenrückraum agierenden Verbände beitragen. Mit Blick auf die politische Rechtsdrift kamen derweil diverse Dilemmata auf den Tisch: Was machen wir, wenn der Business Case kippen sollte, es also opportun wird, sich mit rechtsautoritären Kräften zu arrangieren? Braucht es dann nicht normative Letztbegründungen? Und wird ein zumindest begrenzter Umgang nicht unumgehbar, sobald rechtsextreme Parteien Exekutivfunktionen bekleiden? Statt Gesinnungszentrierung benötige es dann politische Strategiefähigkeit – und eine solide Wissensbasis nach dem Motto „Know your facts“.


Das dritte Panel widmete sich der Umsetzung konkreter CPR-Maßnahmen. Beispielhaft wurde der Business Council for Democracy (BC4D) der Gemeinnützigen Hertie Stiftung genannt, der bereits über 200 Unternehmen zusammengebracht hat, um sie mit Trainings im Kampf gegen Desinformation, Hassrede und Verschwörungsmythen zu unterstützen. JoinPolitics wiederum hilft jungen Talenten, Wege in die Parteipolitik zu finden, um die repräsentative Demokratie in ihrem Kern zu stärken. ProjectTogether schließlich baut sektorübergreifende Allianzen, um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Dieser Gedanke ließ sich pars pro toto nehmen: Demokratie lebt vom Engagement aller gesellschaftlichen Funktionsbereiche – die ihrerseits ein manifestes Interesse am Fortbestand der liberalen Ordnung haben.


Abschließend weitete Andrés González, Gründer und Präsident der Bildungseinrichtung POLITIKUM und Co-Ausrichter des CPR-Forums, den Blick über Deutschland und Europa hinaus. In seinem Heimatland Ecuador, gebeutelt von organisierter Kriminalität, politischen Morden und labiler Staatlichkeit, sei CPR ein echtes demokratisches Versprechen. 

 

Wir danken unserem Gastgeber, der Europäischen Akademie Berlin, allen Panelisten und Teilnehmenden sowie unserem Sponsor Evonik. 

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