Dr. Johannes Bohnen sprach mit dem SWR-Reporter Marc Thörner über Nation Branding. Ausschnitte des Interviews fanden Eingang in das SWR 2 Feature „Wenn Staaten sich stylen – Geheimwaffe Nation Branding“ vom 30. September 2020. Am 13. Oktober wurde das Feature auch im Deutschlandfunk übertragen. Bohnen umreißt den Zweck der Markenbildung von Staaten wie folgt: „Bei Nation Branding geht es ganz pragmatisch für viele Nationen darum, die politische und gesellschaftliche Reputation zu erhöhen, ausländische Investoren anzuziehen und Tourismus zu fördern, aber auch bessere wirtschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern und Regionen zu entwickeln.“ Wie für alle gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Akteure sei es auch für Staaten selbstverständlich, eigene Interessen zu vertreten und Deutungsansprüche im öffentlichen Raum zu formulieren. Um sich dabei im Wettbewerb zu differenzieren, helfe die Profilierung als Marke.
Wenn Agenturen Staaten im Nation Branding unterstützten, sollten sie allerdings von der Glaubwürdigkeit des betreffenden politischen Systems überzeugt sein. Für Bohnen steht die Demokratieförderung im Zentrum. Autoritäre Systeme bzw. weniger freiheitliche Länder sollten nur dann beraten werden, wenn diese sich nachhaltig in die richtige Richtung bewegen (wollen). Ein überzeugendes Beispiel wäre das Land Tunesien, das sich nach freien und fairen Wahlen demokratisiert und geöffnet hat, aber noch mit alten autoritären Strukturen zu kämpfen hat, die es zu überwinden gilt. In diesem Fall kann Nation Branding, richtig gemacht, Dynamik in den Prozess der Demokratisierung bringen. Dies muss in der Kommunikation deutlich sichtbar werden. „Ein Land muss in seiner Außendarstellung wahr zu sich selbst sein; es muss sozusagen bei Realitäten andocken“, so Bohnen. Sonst steht die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Auf dieser Basis können Länder ehrgeizige Veränderungs- und Reputationsziele verfolgen (Aspiration). In jedem Fall darf Nation Branding nicht zum Feigenblatt für autokratische Regime werden.
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